Leider spielt sich das Leben in einer Wildbienenkinderstube ausschließlich im Verborgenen ab. Sobald die Biene vorwärts (zum Auswürgen von Nektar) oder rückwärts (zum Abstreifen von Pollen) in die Brutröhre gekrochen ist, haben Naturgarten-Paparazzis keine Chance mehr. Wäre es nicht wunderbar, die Entwicklung der Larven aus nächster Nähe beobachten zu können? Die Verpuppung und das Schlüpfen im nächsten Frühjahr? Den Befall und die Entwicklung von Parasitoiden?
Dieser Wunsch führte zu einer auf den ersten Blick genialen Entwicklung: Dem Beobachtungsnistkasten. Der ursprünglichste Typ besteht aus einem lichtdicht schließenden Kasten. Bohrungen an der Vorderfront münden in durchsichtige Plexiglasröhrchen, die ungeachtet des „unbiologischen“ Materials von den Wildbienen besiedelt werden. Bei Abnahme der Vorderfront mit den daran hängenden Röhrchen kann der Inhalt problemlos betrachtet und fotografiert werden. Aus pädagogischer Sicht ein fantastisches Werkzeug um Kinder, aber auch Erwachsene mit völlig neuen Einblicken zu begeistern. Glas- und Plexiglasröhrchen wurden allerdings bald durch sinnvollere Konzepte ersetzt
Das - leider - immer noch im Handel erhältliche "Insektennisthaus" von Schwegler war der erste käufliche Beobachtungsnistkasten auf dem Markt. Er besteht aus Holzbeton mit
einer abnehmbarer Frontplatte. Als Verlängerung der Nistöffnungen in der Frontplatte ragen 18 Acrylglas-Röhrchen ins Innere des Kastens, in denen sich die
einzelnen Entwicklungsstadien der Wildbienen- und Wespenlarven gut beobachten lassen.
Ja, sogar in ziemlich dramatischer Weise.
Auf Exkursionen des Naturgartenvereins besuchen ich immer wieder Schulen und Kindergärten, die in kindgerechte Naturerlebniräume umgestaltet wurden. Sehr häufig hängt dort ein Beobachtungsnistkasten, der sich ja für einen pädagogisch-didaktischen Einsatz in Schulen förmlich anbietet. Nach dem Öffnen der Frontplatte bietet sich ausnahmslos immer der selbe trostlose Anblick, ein Wildbienenmausoleum. Die Zellen sind schwarz verfärbt, die Brut ist in der Regel komplett abgestorben.
Was ist passiert? Glas und Plexiglas sind nicht gerade berühmt für ihre Atmungsaktivität und dieser Umstand erweist sich letztendlich als fatal. Mit dem Pollen werden immer
auch Pilzsporen in die Brutzellen eingeschleppt. Der mangelnde Gasaustausch führt zur Bildung von Kondenswasser in den Brutzellen, unter
diesen feuchtwarmen Bedingungen entwickeln sich die Pilze prächtig. Nach und nach durchwuchern sie fröhlich und bester Dinge die ganze Zelle und die Larve stirbt früher oder später ab. 1:0 für
die Mykologie. Hitzestau im Sommer und Sauerstoffmangel sind weitere Probleme. Mit viel Glück funktioniert so ein Kasten ein bis zwei Jahre einigermaßen,
dann geht es unweigerlich bergab. Für die Reinigung der Röhrchen mit den abgestorbenen Zellen fühlt sich in der Regel niemand zuständig, das Ende ist ein Totalausfall. Auch aus pädagogischer
Sicht ist das nicht unbedingt das Gelbe vom Ei.
Bei großen Glasröhrchen, die von Mauerbienen besiedelt werden, scheint das System teilweise zu funktionieren, weil die Trennwende aus Lehm relativ gasdurchlässig sind. Ich kenne aber etliche
Fälle wo auch diese Brutzellen verpilzt waren. Daher würde ich prinzipiell immer auf den Einsatz von Glasröhrchen verzichten.
Diese Erkenntnis ist leider Gottes nichts Neues und wird auch immer wieder aufs Neue bestätigt. Ich persönlich kenne keinen einzigen Biologen, dem dieses Teil nicht Bauchschmerzen verursacht. Auch der Bund Naturschutz äußert sich hier unmißverständlich:
"Vermeiden Sie untaugliche Nisthilfen, insbesondere solche mit Glasröhrchen zur Beobachtung der Nistaktivitäten im Inneren. Bei Verwendung dieses wasserdampfundurchlässigen Materials kann die Wildbienenbrut in den Röhrchen nämlich verpilzen. Was als Nisthilfe gedacht ist und fatalerweise auch bereitwillig von den Tieren bezogen wird, verwandelt sich daher häufig zur Todesfalle".
Das Problem des unzureichenden Gasaustausches ist altbekannt und wurde schon in einigen wissenschaftlichen Arbeiten thematisiert:
Andrea Jakubzik, Klaus Cölln: Zur Ökofaunistik Kunstnester bewohnender aculeater Hymenopteren, Westdeutscher Entomologentag 1991: " (...) und Nistkästen, deren aufklappbare Vorderfront in verschieden grossen Bohrungen je 16 Acrylglasröhrchen zweier Längen (100mm, 60 mm) mit Innendurchmessern von 3 bis 5 sowie 7 bis 9 mm enthielt (THIEDE 1981). (...) Die Schlüpfrate war in beiden Systemen unterschiedlich. Sie ergab für die Buchenholzklötzchen immerhin 63% und für die Acrylglasröhrchen nur 40%. Der Nachteil von Acryl ist wahrscheinlich z.T. in einem unzureichenden Gasaustausch begründet. Auch könnte bei entsprechender Witterung ein Wärmestau in den Nistkästen die Brut negativ beeinflussen. Ein Indiz hierfür ist z.B. das gelegentliche Schmelzen der aus Harz bestehenden Zellwände bei Passaloecus und Heriades."
Fritz Brechtel: Die Stechimmenfauna des Bienwaldes und seiner Randbereiche unter besonderer Berücksichtigung der Ökologie kunstnestbewohnender Arten.
Pollichia-Buch Nr. 9, Bad Dürkheim 1986): "Mortalität: Die Mortalitätsrate in den Plexiglasröhrchen lag zwischen 13,9% (Osmia adunca) und 93,1% (Hylaeus communis), wobei Arten mit dichten
Zwischenwänden und kompakten Nahrungsvorräten (z.B. Chelostoma-Arten, Psenulus fuscipennis) im Vergleich mit natürlichen Nistmateralien erhöhte Mortalitätsraten aufwiesen. Dies ist mit hoher
Wahrscheinlichkeit auf die schlechte Durchlüftung der Plexiglasröhrchen zurückzuführen.“
Auch der Biologe Dr. Paul Westrich, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Biologie der solitären Wildbienen auseinandersetzt, rät von diesem System dringend ab.
Dieser Beobachtungsnistkasten ist extrem simpel konstruiert aber durchaus funktionell. Das Nistbrettchen wird mit einer Plastikfolie abgedeckt, die am Rand festgeklebt wird. Ein Gewebeband auf
der Rückseite hält Brett und Deckel zusammen und wirkt wie ein Scharnier.
Diese Modell kann im Naturschutzcenter gekauft werden, dort dann mit stabileren
Metallscharnieren.
Kleiner Nachteil: Der Durchmesser ist für Mauerbienen optimiert, insofern werden sich hier fast ausschließlich die Rostrote und die Gehörnte Mauerbiene ansiedeln.
Hier wurden Nistbrettchen zu einem originellen Beobachtungsnistkasten umgebaut. Pfiffig ist die Idee, den Deckel mit vier Magneten zu fixieren. Der Deckel hält bombenfest,
läßt sich aber auch problemlos wieder öffnen.
Die Nisthilfe gibt es in zwei grundsätzlichen Varianten: Mit Öffnungen links und rechts zum Aufhängen oder mit Öffnungen nach vorne (Bild) zum Hinstellen.
Begrüßenswert sind auch die drei Ganggrößen mit 4 mm, 6 mm und 8 mm, entweder eine Gangröße pro Brettchen oder als Mischung (Bild). Die verschraubte Plexiglasplatte ist an den Rändern geschwärzt um Lichteinfall zu reduzieren. Ich werde diese Nisthilfe auf meinem Balkon testen, sehe aber eigentlich keinen Grund warum sie nicht funktionieren sollte.
Maße: 16 x 16,5 x 4 cm
Bezug: www.wildinsel.de
Bei diesem System werden in ein Holzbrett mehrere parallel verlaufende Nuten gefräst, die dann von einer einzigen Plexiglasplatte abgedeckt werden. Eine Bauanleitung für so einen Beobachtungsnistkasten (Foto rechts) finden sie auf www.wildbienen.de. Der gesamte helle Einschub verschwindet in dem dunklen Kasten rechts. Das senkrechte Brett vorne schließt den Kasten nach außen ab, dort befinden sich auch die Einfluglöcher. Die Website von Hans-Jürgen Martin ist generell eine wahre Fundgrube für wertvolle praktische Tipps, Bauanleitungen, Beispiele und eine Fülle von liebevoll zusammengetragenen Informationen über Wildbienen.
Erst vor kurzem bin ich auf eine weitere, sehr empfehlenswerte Bezugsquelle für (Beobachtungs)nistkästen für solitäre Wildbienen und Wespen gestoßen. Die Nisthilfen von Herrn Frey (www.wildbienenschreiner.de) zeichnen sich durch eine extrem professionelle und hochwertige Verarbeitung aus, sowohl was die verwendeten Materialien als auch das handwerkliche Geschick betrifft. Das gilt auch für seine Beobachtungsnistkästen, die als zentraler Einschub in vielen Nisthilfen vorhanden sind. Sie sind lichtdicht, sicher fixiert aber dennoch nach dem Aufschrauben von zwei Hutmuttern leicht herauszunehmen. Qualitativ handelt es sich hier um den Rolls Royce unter den Nisthilfen, preislich gesehen glücklicherweise nicht.
Nicht häßlich die Teile .... wirklich nicht häßlich :-))
Zahllose weitere Fotos findet ihr auf meinen Pinterest-Pinwänden!
(Einzelseiten zum Vergrößern anklicken!)
Alle wesentlichen Informationen zu den unterschiedlichen Komponenten einer Insektennisthilfe sind jeweils in einem eigenen Kapitel zusammengefasst und mit zahlreichen Fotos
illustriert.
Eine sechsseitige Fotodokumentation protokolliert den Bau einer pfiffigen Insektennisthilfe aus alten Eichenbalken.
Doppelseiten mit Fotos illustrieren jeweils bestimmte Teilaspekte des Lebens an einer Nisthilfe.
Die typischen Baufehler der InsektenNICHTNisthilfen aus Baumarkt und Gartencenter werden ausführlich besprochen.
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