Der Biologe Dr. Paul Westrich, der sich seit über 40 Jahren intensiv mit Wildbienen auseinandersetzt, hat zusammen mit Bernd Dittrich von der Kräutnergärtnerei Syringa zwei Samenmischungen entwickelt, die speziell die Bedürfnisse der Pollenspezialisten (oligolektische Arten) unter unserer einheimischen Wildbienen abdecken. Dieses Angebot nützt selbstverständlich auch den weniger spezialisierten Wildbienenarten und der Honigbiene.
Eine Mischung enthält ausschließlich einjährige Arten und muß daher jedes Jahr neu angesät werden, die zweite bleibt durch einen hohen Anteil an zweijährigen Arten auch im folgenden Jahr attraktiv.
Viele im Handel befindliche Mischungen sind aus Sicht unserer Insekten eine reine Mogelpackung. Der Schwerpunkt liegt fast ausschließlich auf dem Show-Effekt der Blüten, nicht auf dem ökologischen Nutzen. Zu diesem Zweckwerden viele Pflanzenarten mit gefüllten Blüten verwendet, bei denen die Pollen produzierenden Staubblätter zu sterilen Blütenblättern umgewandelt sind. Derartige Blüten locken Insekten zwar an, bieten dann aber keinerlei Pollen.
Auch viele exotische Arten können von unseren Insektenarten nicht verwertet werden. Die neu entwickelte Wildblumenmischung von Dr. Westrich und Bernd Dittrich liefert kein künstlich aufgedonnertes Blütenfeuerwerk, ist aber aus ökologischer Sicht um Längen sinnvoller. Wildbienen werden diese Mischung lieben!
Ausführliche Informationen und die Artenliste beider Mischungen finden Sie auf der Website von Paul Westrich, beziehen können Sie die Mischungen bei Bernd Dittrich über die Kräutergärtnerei Syringa.
Für die Versorgung einer einzelnen Brutzelle ist der gesamte Pollengehalt von 30 bis mehreren hundert Blüten nötig. Die Mindestanzahl an besuchten Blüten hängt sowohl von der Größe des Wildbienenweibchens als auch mit dem Pollengehalt der Blüten zusammen.
Zum Vergleich: Ein durchschnittlichen Honigbienenvolk sammelt pro Jahr 20-30 kg Pollen!
Die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) bestückt jede Brutzelle mit durchschnittlich 187 mg Pollen. Rein rechnerisch würde ihr der Pollen eines Bienenvolkes (25 kg) für die Ausstattung von 134.000! Brutzellen ausreichen. (Ich habe dreimal nachgerechnet, weil ich es nicht glauben konnte :-).
Die maximale Flugdistanz zwischen Nest und Nahrungshabitat liegt in der Regel bei 300 - 1500 m. Diese Extremwerte werden allerdings nur von wenigen Individuen erreicht, ein Großteil der Population sind Kurzstreckenflieger, die deutlich geringere Entfernungen zurücklegen. Größere Bienenarten legen weitere Distanzen zurück als kleinere. Auch die Pollentransportkapazität der Bein-bzw. Bauchbürste spielt eine entscheidende Rolle. Je geringer die transportierte Pollenmenge ist, desto öfter muss die Biene zwischen Nest und Pollenquelle hin und her pendeln und desto weniger kann sie sich lange Distanzen leisten.
Zunehmende Sammelflugdistanzen wirken sich negativ auf den Fortpflanzungserfolg der Wildbienen aus:
Aus den oben genannten Gründen ist es beim Wildbienenschutz im eigenen Garten wichtig, sowohl Nistmöglichkeiten als auch ein vielfältiges Blütenangebot als Pollen und Nektarspender anzubieten. Die Blattschneiderbiene Megachile rotundata, die im Experiment mit einem üppigen Blütenangebot in unmittelbarer Nestnähe versorgt wurde, produzierte dreimal so viele Nachkommen, wie unter normalen Freilandbedingungen
Der Pollen wird mit Hilfe spezieller morphologischer Strukturen an den Beinen, den Mundwerkzeugen, am Kopf oder am Hinterleib gesammelt. Zunächst kann der Pollen noch über den ganzen Körper der Biene verteilt sein. Durch spezifische Putzbewegungen der Beine, die sich je nach der Transportmethode bei den unterschiedlichen Bienengruppen unterscheiden, wird der Pollen dann im eigentlichen Transportspeicher deponiert. Dabei lassen sich Kropfsammler, Beinsammler und Bauchsammler unterscheiden. Diese Namensgebung ist nicht ganz glücklich gewählt, weil ja nicht Kröpfe, Beine oder Bäuche gesammelt werden, sondern Pollen.
Der Pollentransport dem Kropf ist ein ursprüngliches Merkmal, die typische üppige Behaarung der Wildbienen als Hilfsmittel bei der Pollenernte hat sich im Verlauf der Evolution erst später entwickelt. Zu den Kropfsammlern gehören die Maskenbienen (Hylaeus), die bereits höher entwickelten Keulhornbienen (Ceratina) und die Holzbienen (Xylocopa).
Um Begriffe wie "Tibia", "Coxa" oder "Trochanter" im nachfolgenden Text wenigstens ein klein wenig zu veranschaulichen, hier der Aufbau eines typischen Insektenbeines:
A: Hüfte (Coxa)
B: Schenkelring (Trochanter)
C: Schenkel (Femur)
D: Schiene (Tibia)
E:Sporen
F: Fuß (Tarsen)
G: Krallen
Vereinfacht lassen sich zwei Typen der Behaarung unterscheiden, die der Pollenspeicherung dienen:
1. Bürsten aus mehr oder weniger dicht stehenden und mehr oder weniger verzweigten Haaren, die Scopae (Einzahl Scopa). Sie können sich an den Beinen (Beinsammler) oder am Hinterleib (Bauchsammler) befinden.
2. Glatte, unbehaarte Fläche die von kräftigen, borstenförmigen Haaren umgeben werden, die Körbchen (Corbiculae, Einzal: die Corbicula). Sie befinden sich immer an den Beinen.
Hummeln und Honigbienen besitzen auf der Außenseite der Tibia ein charakteristisches Körbchen. Beim so genannten „Höseln“ wird der Pollen durch Putzbewegungen in das Körbchen umgelagert. Mit jedem Durchgang schwellen diese Pollenpakete weiter an.
Pelzbienen (Anthophora), Langhornbienen (Eucera, Tetralonia), Säghornbienen (Melitta), Schenkelbienen (Macropis) und besonders die Hosenbienen (Name!) (Dasypoda) tragen ausgeprägte Haarbürsten (Scopae) auf der Hinterschiene (Tibia).
Bei den Sandbienen (Andrena) trägt der Trochanter eine auffällige Haarlocke (Flocculus), die zusammen mit einer unbehaarten Fläche auf der Unterseite des Femurs ein Trochanter-Femurkörbchen bildet.
Zu den klassischen Bauchsammlern werden fünf Gattungen der Wildbienen gerechnet:
Wollbienen (Anthidium)
Löcherbienen (Heriades)
Scherenbienen (Chelostoma)
Mauerbienen (Osmia)
Blattschneider-und Mörtelbienen (Megachile)
Bei dem „Bauch“ handelt es sich nicht etwa um den Brustbereich (Thorax) des Insekts, wie man vielleicht meinen möchte. Die bürstenartige Behaarung, die sogenannte Bauchbürste (Ventral-Scopa), befindet sich vielmehr auf den Bauchsegmenten des Hinterleibs. Die damit transportierte Pollenmenge kann beträchtlich sein.
Ich beobachte immer gerne die Löcherbienen auf meinem Balkon beim Pollensammeln. Dabei kriechen Sie über die Blüten der Färberkamille und tupfen ihren Hinterleib in rhythmischen Abständen auf den Blütenboden. Es sieht aus, als würden sie kleine Nägel einschlagen. Sobald die Bauchbürste ausreichend befüllt ist, macht sich die Biene auf dem Weg zu ihrer Niströhre um den Pollen dort abzustreifen
Nein. Je nach dem Grad ihrer Spezialisierung beim Pollensammeln teilt man die Wildbienen in zwei große Gruppen ein:
1. Pollenspezialisten (oligolektische Arten)
2. Pollengeneralisten (polylektischen Arten)
Zwischen diesen beiden Endpunkten der Skala gibt es alle Übergänge, dadurch kann eine Zuordnung sehr schwierig sein.
Nun, sie sind ausgesprochen wählerisch.
In Mitteleuropa finden wir oligolektische Wildbienenarten innerhalb der folgenden Bienengattungen:
In Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz kommen insgesamt 745 Wildbienenarten vor
Gefährdungsgrad:
Hoch spezialisierte Arten (58): 64% sind in mindestens einer Region gefährdet (Deutschland, Nordschweiz, Südschweiz,Kärnten)
Spezialisierte Arten (205): 70% sind in mindestens einer Region gefährdet
Unspezialisierte Arten (225) 52% sind in mindestens einer Region gefährdet
Wer einen Naturgarten besitzt oder anlegen möchte, kann die folgenden Pflanzengruppen im Interesse unserer Wildbienen bei der Bepflanzung etwas im Auge behalten.
Insgesamt 21 Pflanzengattungen dienen als exklusive Pollenquelle. In ihrer Bedeutung führend sin:
Allein diese drei Gattungen werden von insgesamt 14 Wildbienenarten als alleinige Pollenquelle genützt.
Insgesamt 17 verschiedene Pflanzenfamilien dienen als Pollenquelle. Die wichtigsten Familien sind
a) die Korbblütler (Asteraceae). Die wichtigsten Gattungen innerhalb dieser Familie sind:
b) Schmetterlingsblütler (Fabaceae). Hornklee (Lotus)
c) Kreuzblütler (Brassicaceae). Die wichtigsten Gattungen innerhalb dieser Familie sind:
d) Lippenblütler (Lamiaceae): Die wichtigsten Gattungen innerhalb dieser Familie sind:
Korbblütler (Asteraceae)
Kreuzblütler (Brassicaceae)
Schmetterlingsblütler (Fabaceae)
Lippenblütler (Lamiaceae)
Doldenblütler (Apiaceae)
Rosengewächse (Rosaceae)
Auf der nachfolgenden Liste finden sie 133 begehrter Pollenspenderpflanzen für oligolektische (Pollenspezialisten) Wildbienenarten, die auch von den polylektischen Arten (Pollengeneralisten) intensiv genutzt werden.
Wenn Sie eine Auswahl dieser Arten in ihrem Naturgarten pflanzen und gleichzeitig Nisthilfen anbieten - idealerweise auch für die bodenbewohnenden Arten - (ca. ¾ aller mitteleuropäischen Arten), schaffen Sie gute Vorraussetzungen für die Ansiedlung von einheimischen solitären Wildbienen sowie von Hummeln (sie gehören ebenfalls zu den Wildbienen, leben aber nicht mehr solitär sondern bilden bereits kleinere soziale Gemeinschaften).
Die gleiche List ist viermal nach unterschiedlichen Kriterien sortiert. Sie können also sowohl nach der Pflanzenfamilie, dem lateinischen wie dem deutschen Artnamen oder auch nach der Blütezeit suchen
Diese Arten nutzen das vorhandene Pollenangebot sehr flexibel, können aber dennoch ebenfalls bestimmte Schwerpunkte setzen. Der Prototyp einer polylektischen Bienenart ist die Honigbiene. Verglichen mit ihr sind alle anderen Arten mehr oder weniger oligolektisch. Während solitäre Wildbienen nur einige Wochen leben und sich an bestimmte Pollenquellen binden können, ist die Flugzeit der Honigbiene drastisch verlängert und entspricht damit nicht der Blütezeit ganz bestimmter Pflanzen. Spezialisierung wäre also in Ihrem Fall glatter Selbstmord. Durch das Ausweichen auf andere Pollenquellen können polylektische Arten Veränderungen ihres Umfelds besser kompensieren als ihre oligolektischen Mitstreiter, deshalb sind sie generell weniger gefährdet als diese.
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