Hunderte von winzigen Verschlussdeckeln einer Insektennisthilfe vor der Saison akribisch mit einem farbigen Punkt aus Wasserfarbe zu markieren scheint auf den ersten Blick keine überragend
sinnvolle Tätigkeit zu sein. Was also steckt dahinter?
Wildbienen wahren ihre Intimsphäre. Was sich hinter dem Verschlussdeckel abspielt kann der Betrachter - mit Ausnahme von Beobachtungsnistkästen -daher nicht nachvollziehen. Theoretisch kann der
Inhalt der Brutzellen komplett abgestorben sein, oder hier tummelt sich quicklebendiger Wildbienennachwuchs.
Beim Schlüpfen der solitären Wildbienen oder Wespen wird der Verschlussdeckel durchgebissen und damit zwangsläufig zerstört. Das gilt natürlich auch für die farbige Markierung. Bei einer
Neubesiedlung der gleichen Niströhre wird natürlich auch ein neuer Verschlussdeckel gebaut, der dann selbst verständlich nicht markiert ist. Wie sollte er auch.
Ein Verschlussdeckel der am Ende der Saison immer noch die farbige Markierung trägt liefern den Beweis, dass im Inneren des Nistgang ein volles Jahr lang nichts passiert ist.
Hier ist die Brut also abgestorben.
Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wasserfarben dürfen von Kindern ohne besondere Schutzmaßnahmen verwendet werden, ihre Giftigkeit sollte sich also in überschaubaren Grenzen halten. Beim Schlüpfen wird der Verschlussdeckel lediglich durchgebissen und nicht verspeist. Abgesehen davon ist jeweils nur die Biene der vordersten Brutzelle betroffen. Als eine mögliche Alternative wurden Bio-Ostereierfarben vorgeschlagen.
Dank der Farbmarkierung lässt sich die prozentuale Sterblichkeitsrate innerhalb einer Saison für jede Nisthilfe problemlos ermitteln. Verwendet man in jedem Jahr eine neue Farbe,
kann man die Entwicklung auch über mehrere Jahre dokumentieren. Hier handelt es sich natürlich nicht um eine wissenschaftliche Studie, aber generelle Trends sollten sich mit
dieser Methode durchaus ermitteln lassen:
Abhängigkeit der Sterblichkeitsrate von verschiedenen Rahmenbedingungen wie Material, Standort, Art (einige Verschlussdeckel lassen sicher zweifelsfrei zuordnen, beispielsweise können Rostrote
Mauerbiene und Gehörnte Mauerbiene anhand des Nestverschlusses recht gut unterschieden werden), Größe der Nisthilfe etc., etc. Außerdem lässt sich so problemlos feststellen, auch ob einzelne
Halme oder eventuell sogar eine ganze Nisthilfe ausgetauscht werden sollten.
Wenn man schon Nisthilfen zur Verfügung hat, ist es durchaus spannend ein wenig "Forschung" im kleinen Rahmen zu betreiben.
Was auf den ersten Blick wie eine grauenvolle Sisyphusarbeit aussieht, passiert in Wirklichkeit mit erfreulicher Geschwindigkeit. Adobe Photoshop macht's möglich.
Für jede Fragestellung (Gesamtmenge, besiedelte Gänge, Gänge mit abgestorbener Brut etc.) wird einfach eine neue Ebene angelegt und entsprechend beschriftet. Dann in das Bild
einzoomen und mit dem Pinselwerkzeug jedes Loch mit einem farbigen Punkt markieren und dabei mitzählen. Die ermittelte Zahl kann dann gleich im Ebenennamen unsterblich gemacht
werden.
Selbst Nisthilfen mit tausenden von Bohrungen lassen sich so innerhalb weniger Minuten statistisch auswerten.
Obwohl diese sehr sauber verarbeitete Nisthilfe des Schreiners Jürgen Schwandt im letzten Jahr relativ spät aufgestellt wurde, war die
Besiedelung recht zufriedenstellend.
Die Sterblichkeitsrate im ersten Jahr lässt sich jetzt natürlich noch nicht nachweisen.
Sowohl die Bohrungen im Hartholz wie auch die Schilfhalme werden gut angenommen
Auffällig ist hier ein relativ hoher Prozentsatz an Halmen mit abgestorbener Brut. Das betrifft vor allem die Naturstrohhalme.
Leider gibt es meines Wissens keine konkreten Angaben über die Sterblichkeitsrate im normalen Habitat, wo sicherlich auch nicht alle Larven ihre Entwicklung abschließen. Insofern lässt hier auch
nicht beurteilen, ob eine starke Abweichung von der Norm vorliegt oder nicht. Interessant wäre hier die Auswertung einer größeren Datenmenge. Jeder interessierte
Nisthilfenbesitzer kann diese simple Statistik ja für sich selbst erstellen.
Rech originell ist der mit einem weißen Pfeil markierte Schilfhalm ganz oben. Alle diese Schilfhalme sind vorne und hinten offen, würden also normalerweise nicht besiedelt werden.
Dennoch hat es eine Gehörnte Mauerbiene geschafft selbst mit dieser völlig unnatürlichen Situation klar zukommen. Mauerbienen schrecken wirklich vor gar nichts zurück! :-)
Pappröhrchen werden auf meinem Balkon extrem gut angenommen und halten ungeachtet der scheinbaren Fragilität etliche Jahre. Auch die Sterblichkeitsrate ist in diesem Fall extrem gering.
In diesem drolligen Wildbienenärchen der Töpferin Barbara Stockhaus war im ersten Jahr lediglich ein einziger Gang besetzt. Mistviecher!
Ich habe schon öfter die Erfahrung gemacht, dass Nisthilfen aus Ton zu Beginn relativ zögerlich besiedelt werden.
Nachdem ich den Wildbienen ernsthaft die Leviten gelesen habe, nahm die Besiedelung in der zweiten Saison drastisch zu.
Die Wiederbesiedelung bereits benutzter Gänge ist dann erfahrungsgemäß dann kein Problem mehr
Diese Nisthilfe des "Wildbienenschreiners" mit integriertem Beobachtungsnistkasten wird ohne Füllung geliefert. Lediglich die Haseläste waren dabei, deshalb habe ich sie interessehalber verwendet.
Hier handelt es sich um eines der wirklich wenigen Beispiele von langsam getrocknetem Hartholz mit Bohrungen im Stirnholz wo es bisher zu keinerlei Rissbildung kann. Ausnahmen bestätigen die Regel :-)
Es ist immer wieder verblüffend welch hohe Anzahl an Niströhren selbst auf einer derart winzigen Fläche erzielt werden kann. Gigantismus beim Bau von Insekten Insektennisthilfen
ist daher absolut unnötig.
Diese Nisthilfe ist seit drei oder vier Jahren im an Einsatz, leider habe ich in den ersten Jahren nur gelbe Farbe zur Markierung der Verschlussdeckelverwendet, hier ist also eine weitere
Differenzierung der Sterberate in den verschiedenen Jahren leider nicht möglich.
Im Prinzip ähnelt die Entwicklung den Wildbienenbärchen. Im ersten Jahr wurden ausschließlich die Dosen besiedelt, die dafür aber umso massiver, während im Ton
selbst nicht ein einziger Gang besetzt war. Renitente Mistviecher! :-)
Im zweiten Jahr kam es dann auch hier plötzlich zu einer relativ starken Besiedlung. Manchmal muss man eben Geduld haben.
Auch hier findet sich wieder eine hohe Akzeptanz bei Pappröhrchen und beim Schilf. Die roten Kreise weisen auf die typischen kleinen Schlupflöcher der parasitischen Taufliege Cacoxenus indagator hin.
Auffällig auch hier wieder eine relativ hohe Sterblichkeitsrate in den Naturstrohhalmen zu Beginn der dritten Saison. Es wäre interessant, ob andere dieses Ergebnis bei sich
bestätigen können. Die Pappröhrchen sind ausnahmslos alle besiedelt.
Witzigerweise wurde diese "depressive" Variante eines Gesichts zu Beginn deutlich schneller besiedelt, als das Smiley links. :-)
Wer Lust hat ein wenig Zeit Betreuung der Nisthilfen zu investieren, kann sich hier nach Herzenslust "spielen". Vom Spaß an der Freud mal abgesehen, finde ich die so ermittelten Informationen
aber durchaus nicht uninteressant.
Wohlan denn: an die Pinsel, Freunde! :-)
Es sind noch keine Einträge vorhanden.